Biographie
Kleines Portrait Marcel Reich-Ranicki ist seit Jahrzehnten der erfolgreichste, der wirkungsvollste und deshalb auch umstrittenste Literaturkritiker der Bundesrepublik Deutschland. Mehr als er kann ein Kritiker wohl nicht erreichen. Wie niemand sonst hat er das literarische Leben der Gegenwart mit geprägt - seit 1958, als er in die Bundesrepublik reiste und nicht mehr nach Polen zurückkehrte. Ein bewegtes, einen jeden, der darüber liest oder hört, bewegendes Leben hatte der 38-Jährige zu diesem Zeitpunkt hinter sich. In Wloclawek an der Weichsel (Polen), wo er am 2. Juni 1920 geboren wurde, lebte er als Kind einer deutschen Jüdin und eines polnischen Juden, bis der geschäftliche Ruin seines Vaters die Familie dazu zwang, den Wohnsitz nach Berlin zu verlegen. Als Jude und polnischer Staatsangehöriger konnte er dort zwar 1938 noch sein Abitur machen, das Immatrikulationsgesuch an die Universität wurde jedoch abschlägig beschieden. Reich-Ranicki arbeitet zunächst als Lehrling in einer Exportfirma, wird im Herbst 1938 verhaftet und nach Polen deportiert, lebt dort ab 1940 im Warschauer Getto, aus dem er 1943 zusammen mit seiner Frau in den Warschauer Untergrund flieht. Sein Vater, seine Mutter, sein Bruder werden von Deutschen ermordet. Die Sowjetische Armee befreit ihn, er tritt der Kommunistischen Partei Polens bei, arbeitet in der Polnischen Militärkommission in Berlin, im Polnischen Außenministerium, 1948 und 1949 als Konsul der Republik Polen in London und zugleich im polnischen Geheimdienst, bittet aus politischen Gründen (in der Zeit der großen, furchtbaren politischen Prozesse und Säuberungsaktionen mit deutlich antisemitischen Tendenzen) um seine Abberufung, wird nach der Rückkehr in Warschau aus der Partei wegen "ideologischer Entfremdung", so die offizielle Begründung, ausgeschlossen, dann einige Wochen in einer Einzelzelle gefangen gehalten. Mit dieser Haftzeit endet Reich-Ranickis politische Karriere im diplomatischen Dienst - und es beginnt eine neue: Sie steht im Dienst der Literatur. In dem eindrucksvollen Gespräch, das Joachim Fest im Dezember 1982 mit Reich-Ranicki für eine Sendereihe des ZDF führte, erinnerte sich dieser an das Buch, das ihm die Tage im Gefängnis in gewissem Sinn zu den schönsten jener Jahre machte: Anna Seghers "Das siebte Kreuz". "Unter dem Einfluß dieses Romans in der Gefängniszelle habe ich beschlossen, mich, wenn ich wieder frei komme, vielleicht doch mit Literatur zu befassen." "Beruflich", muss man wohl ergänzen; denn zum enthusiastischen Leser wurde er schon als Berliner Gymnasiast durch die Anregungen eines Deutschlehrers. Reich-Ranicki kam frei, und er durfte, unterbrochen von Berufs- und Publikationsverboten, in jenem Reservat arbeiten, in dem man politisch unzuverlässigen Individuen am ehesten gewisse Narrenfreiheiten zubilligt: auf dem Gebiet der Literatur und des literarischen Lebens. Er arbeitete in einem Verlag, schrieb für die Zeitung und für den Rundfunk, und er übersetzte - alles als Vermittler deutscher Literatur für polnische Leser. In der Bundesrepublik stand er 1958 zusammen mit seiner Frau ein weiteres Mal in seinem Leben vor dem Nichts. Geld hatte er keines, doch als Kapital immerhin vorzügliche Kenntnisse der deutschen Literatur, publizistische Begabung und Erfahrung sowie einige Bekanntschaften mit westdeutschen Autoren. Heinrich Böll hatte ihm durch eine Bürgschaft zu einem Visum verholfen, Siegfried Lenz tat alles, um ihm Kontakte mit Rundfunksendern und Zeitungen zu verschaffen. Kritiken in der "Welt" und in der F.A.Z. sowie die Teilnahme an Tagungen der "Gruppe 47" machten ihn rasch so bekannt und begehrt, dass ihn am 1. Januar 1960 "Die Zeit" als ständigen Literaturkritiker einstellte. Frei von redaktionellen Belastungen schrieb er vierzehn Jahre lang für "Die Zeit" und wurde in ihr schnell zu der literaturkritischen Instanz der Bundesrepublik. Mit Polemik, Ironie und Neid, mit Bewunderung und Respekt ernannte man ihn in diesen Jahren zum "Großkritiker" und zum "Literatur-Papst", doch seine Fähigkeiten, den Willen zur öffentlichen Wirksamkeit und seine Macht ganz entfalten konnte er erst, als er 1973 die Leitung des Literaturteils der "Frankfurter Allgemeinen" übernahm. Er machte sie zur buch- und literaturfreundlichsten Zeitung Deutschlands - und zur Krönung seiner Kritikerkarriere. So schien es zumindest. Als Reich-Ranicki Ende 1988, weil es die Gesetze der F.A.Z. so vorschrieben, die Leitung des Literaturteils an einen Jüngeren abgeben musste, glaubten manche, eine Ära der Literaturkritik sei zu Ende, ein Generationswechsel vollzogen; es fände gleichsam ein Artensterben statt, denn der Typus des Großkritikers, den Reich-Ranicki wie Friedrich Sieburg, Günter Blöcker, Fritz J. Raddatz oder Joachim Kaiser, nur viel vollkommener als alle diese, verkörperte, sei vom Aussterben bedroht. Reich-Ranickis belehrte sie schnell eines Besseren. Abgesehen davon, dass er weiter in der F.A.Z. Herausgeber und Redakteur der von ihm 1974 ins Leben gerufenen "Frankfurter Anthologie" ist und weiterhin literaturkritische Beiträge in dieser Zeitung veröffentlicht, hat sich das Spektrum seiner Wirkungsmöglichkeiten nur noch erweitert. Im "Spiegel" und auch wieder in der "Zeit" konnte man ihn gelegentlich lesen, vor allem aber hören und sehen - in seinem "Literarischen Quartett". Das Fernsehen hatte Reich-Ranicki gerade noch gefehlt. Mit ihm hat er es geschafft, seine Popularitätskurve noch einmal kräftig steigen zu lassen. Seinen größten und eindrucksvollsten Erfolg hatte er jedoch im Alter von beinahe achtzig Jahren als Schriftsteller: als Autor seiner Autobiographie "Mein Leben". Am 29. April 2011 starb seine Frau Teofila (Video-Aufzeichnung eines Gesprächs mit ihr auf der Website ihres Sohnes Andrew Ranicki). Am 18. September 2013 ist Marcel Reich-Ranicki gestorben. Thomas Anz
Kleines Portrait Biographischer Überblick 1920 - 1949 Karriere des Kritikers Auszeichnungen und Preise Tabellarische Biographie Erinnerungen Literaturhinweise
Biographischer Überblick 1920-1949 Marcel Reich-Ranicki wird am 2. Juni 1920 in Wloclawek an der Weichsel (Polen) geboren. Sein Vater, David Reich, ist ein polnischer Jude. Seine Mutter, Helene, geborene Auerbach, eine deutsche Jüdin. Vater und Großvater waren Kaufleute, während die Mutter aus einer Familie stammt, deren Väter traditionell Rabbiner waren. 1929 siedelt die Familie nach Berlin um. Hier besucht Marcel zunächst die Volksschule. Im Jahre 1930 ist er Schüler des Werner-von-Siemens-Gymnasiums und dann 1935 des Fichte-Gymnasiums, wo er 1938 das Abitur ablegt. Er wird jedoch als polnischer Jude nicht zum Studium zugelassen. So beginnt er schließlich eine Lehre bei der Exportfirma Juan Casparius in Berlin-Charlottenburg. Im Herbst 1938 wird er verhaftet und nach Polen deportiert. Er lebt zunächst in Warschau und ab 1940 im Warschauer Getto, in dessen Verwaltung, dem "Judenrat", er als Übersetzer tätig ist. 1941 wird er Mitarbeiter des Getto-Untergrundarchivs (Ringelblum-Archiv).Am 22. Juli 1942 - es ist der Beginn der Deportation aus dem Warschauer Getto - heiratet er Teofila (geborene Langnas). Im Februar des Jahres 1943, nach einigen Widerstandsaktivitäten, gelingt es ihm zusammen mit seiner Frau, aus dem Warschauer Getto zu flüchten. Beide überleben im Untergrund, wo sie von einem polnischen Ehepaar aufgenommen werden. Marcels Eltern werden 1942 im Vernichtungslager Treblinka vergast. Marcels neun Jahre älterer Bruder, der Zahnarzt Alexander Herbert, wird am 4. November 1943 im Zwangsarbeitslager Trawniki erschossen. Nach der Befreiung durch die Sowjetische Armee, im September 1944, meldet sich Marcel zusammen mit seiner Frau zum Dienst in der polnischen Armee und arbeitet dort in der militärischen Postzensur. 1946 wird er Mitglied der Polnischen Militärmission (Berlin). Er dient 1947 im Auslandsnachrichtendienst (Geheimdienst) und im polnischen Außenministerium. In den Jahren 1948/49 ist er Konsul und Leiter des polnischen Generalkonsulats der Republik Polen (London). Er nimmt den Namen Ranicki an, da der deutsche Name für das anzutretende Amt unpassend erschien. Am 30. Dezember 1948 wird sein Sohn Andrzej Alexander geboren. Ende 1949 bittet er aus politischen Gründen um seine Abberufung aus London. Er kehrt nach Warschau zurück und wird fristlos aus dem Auswärtigen Dienst entlassen, aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und schließlich inhaftiert und für einige Wochen in einer Einzelzelle gefangen gehalten. Kleines Portrait Biographischer Überblick 1920 - 1949 Karriere des Kritikers Auszeichnungen und Preise Tabellarische Biographie Erinnerungen Literaturhinweise Karriere des Kritikers 1950 beginnt Ranickis Karriere als Literaturvermittler. Er bekommt eine Anstellung beim Verlag des Verteidigungsministeriums als Lektor für deutsche Literatur (Warschauer Verlag). 1951 betätigt er sich in Polen als freier Publizist. Er befasst sich mit der Kritik der deutschen Literatur der Vergangenheit und der Gegenwart. So schreibt er neben Rezensionen und Essays, die in verschiedenen polnischen Zeitungen und Zeitschriften "Twórczósc" und "Nowa Kultura") und gelegentlich auch in DDR-Zeitschriften gedruckt werden, auch kritische Einleitungen zu Werken von Goethe, Fontane, Storm, Hesse und Heinrich Mann. Zusammen mit Andrzej Wirth übersetzt er Kafkas "Schloß" und Friedrich Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame". Im Jahre 1953 kann Marcel Reich-Ranicki nur unter dem Kürzel M. R. veröffentlichen, da man ihm, ohne jegliche Begründung, Publikationsverbot erteilt hat. Erst während des "Tauwetters", Ende 1954, wird dieses Verbot aufgehoben. 1955 erscheint "Aus der Geschichte der deutschen Literatur 1871-1954". 1957 veröffentlicht er eine Monographie über "Die Epik der Anna Seghers". 1958 hält er sich zu Studienzwecken in der BRD auf und kehrt von dieser Reise nicht mehr nach Polen zurück. Er lebt zunächst in Frankfurt am Main, wo er für die "Frankfurter Allgemeine", die "Welt" und mehrere Rundfunksender arbeitet. 1959 zieht er nach Hamburg und lebt dort bis 1973 . Hier macht er sich als ständiger Literaturkritiker der Wochenzeitung "Die Zeit" einen Namen. Es erscheint seine Anthologie "Auch dort erzählt Deutschland". Nebenbei lehrt Marcel Reich-Ranicki 1968 als Gastprofessor für deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts an der Washington University in St. Louis (USA) und 1969 am Middlebury College (USA). Als ständiger Gastprofessor für Neue Deutsche Literatur arbeitet er von 1971 bis 1975 in Stockholm und Uppsala (Schweden). 1973 lehrt er Literaturkritik an der Universität Köln, 1974 wird er Honorarprofessor an der Universität Tübingen. Im Jahre 1973 zieht er wieder nach Frankfurt, wo er bis 1988 die Redaktion für Literatur und literarisches Leben bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" leitet. 1988 wird unter seiner Ägide "Das Literarische Quartett" gegründet. Die im ZDF ausgestrahlte Sendung wird zur erfolgreichsten Buchsendung des deutschen Fernsehens. Mit ihr wird der Literaturkritiker zum Medienstar. 1990 erhält er die Heinrich-Heine-Gastprofessur an der Universität Düsseldorf und im Jahr darauf tritt er die Heinrich-Hertz-Gastprofessur an der Universität Karlsruhe an. 1999 erscheint seine Autobiographie „Mein Leben. Monatelang belegt das Buch Platz 1 der Bestsellerliste. Im Jahr 2000 sind bereits eine halbe Million Exemplare verkauft. Im Dezember 2001 findet die letzte Sendung des "Literarischen Quartetts" statt. Im Jahr 2002 ist der Kritiker im ZDF mit einer neuen Sendung präsent: " Reich-Ranicki-Solo. Polemische Anmerkungen". 2002 erhält er die Ehrendoktorwürde der Universität Tübingen. Es erscheint die erste Folge seiner Sammlungen "Der Kanon". 2003 wird seine Bildersammlung mit Schriftstellerportraits in Lübeck und Frankfurt ausgestellt, 2004 in München 2004 erhält er den Europäischer Kulturpreis, es erscheinen in der Sammlung "Der Kanon" die Bände mit den Dramen und seine Essaysammlung "Über Amerikaner"- Der Kanon. Dramen - Über Amerikaner 2005 erhält er den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, 2006 die Ehrendoktorwürden der Freien Universität Berlin und der Universität Tel Aviv, 2006 schließt er das Kanon-Projekt mit einer Sammmlung von Essays ab. 2007 erhält er die Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität zu Berlin. 2008 erhält er den Henri Nannen Preis - Die großes Aufsehen erregende Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises (Ehrenpreis) bei der Verleihungsveranstaltung am 12.10. führt zu einer öffentlichen Debatte über die Qualität des Fernsehens. 2009 wird die Verfilmung der Autobiographie "Mein Leben" gesendet. 2010 erhält im Mai den Niederländischen Verdienstorden „Officier in de Ordre van Oranje-Nassau“ und am 6. Juni 2010 die Ludwig-Börne-Ehrenmedaille. 2013 Tod am 18.9.2013 Kleines Portrait Biographischer Überblick 1920 - 1949 Karriere des Kritikers Auszeichnungen und Preise Tabellarische Biographie Erinnerungen Literaturhinweise Auszeichnungen & Preise Ehrendoktorwürde der Universität Uppsala (1972) - Heine-Plakette (1976) - Ricarda-Huch-Preis (1981) - Wilhelm-Heinse-Medaille der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (1983) - Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main (1984) - Thomas-Mann-Preis (1987) - Bambi-Kulturpreis (1989) - Bayerischer Fernsehpreis (1991) - Hermann Sinsheimer-Preis für Literatur und Publizistik (1991) - Ehrendoktorwürde der Universitäten Augsburg und Bamberg (1992) - Ludwig-Börne-Preis (1995) - Cicero-Rednerpreis (1996) - Ehrendoktorwürde der Universität Düsseldorf (1997) - Hessischer Kulturpreis (1999) - Hölderlin-Preis, Bad Homburg und Samuel-Bogumil-Linde-Literaturpreis, Thorn/Göttingen (2000) - Goldene Kamera (2000) - Ehrendoktorwürde der Universität Utrecht (2001) - Ehrendoktorwürde der Universität München (2002) - Goethe-Preis der Stadt Frankfurt (2002) - Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland (2003) - Europäischer Kulturpreis (2004) - Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen (2005) - Ehrendoktorwürden der Freien Universität Berlin und der Universität Tel Aviv (2006) - Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität zu Berlin (2007) - Henri Nannen Preis (2008) - Deutscher Fernsehpreis (2008; nicht angenommen). - Niederländischer Verdienstorden „Officier in de Ordre van Oranje-Nassau“ - Ludwig-Börne-Ehrenmedaille (2010) - Auszeichnung mit "Rede des Jahres" durch das Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen (2012) Kleines Portrait Biographischer Überblick 1920 - 1949 Karriere des Kritikers Auszeichnungen und Preise Tabellarische Biographie Erinnerungen Literaturhinweise Tabellarische Biographie 1920 Am 2. Juni Geburt Marcel Reichs in Wloclawek an der Weichsel (Polen) als drittes Kind des polnischen Juden David Reich und der deutschen Jüdin Helene Reich, geb. Auerbach. 1927 Deutschsprachige Volksschule in Wloclawek. 1929 Übersiedlung der Familie Reich nach Berlin – Volksschule (Berlin-Charlottenburg, Witzlebenstraße). 1930 Werner-von-Siemens-Gymnasiums (Berlin-Schöneberg). 1934 Mitglied des „Jüdischen Pfadfinderbundes Deutschland“. 1935 Fichte-Gymnasium (Berlin-Wilmersdorf). 1938 Abitur – im April Ablehnung des Immatrikulationsgesuchs (Germanistik) von der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin – Lehrling in der Exportfirma des Juan Casparius (Berlin-Charlottenburg) – am 28. Oktober Verhaftung, Deportation nach Warschau. 1939 Emigration der Schwester Gerda und ihres Mannes Gerhard Böhm nach London. 1940 Leiter des Übersetzungs- und Korrespondenzbüros im „Judenrat“ des Warschauer Gettos. 1942 22. Juli: Ehe mit Teofila Langnas – Ermordung der Eltern in Treblinka. 1943 3. Februar: Flucht aus dem Ghetto – Juni: Längerfristiges Versteck im Haus eines polnischen Ehepaars in einem Vorort Warschaus – 4. November: Der Bruder Alexander Herbert wird zusammen mit seiner Freundin im Kriegsgefangenen- und Arbeitslager Poniatowa ermordet oder entgeht der Erschießung durch Selbsttötung. 1944 7. September: Befreiung durch die Rote Armee – Meldung zum Dienst in der polnischen Armee – 25. Oktober: Beginn der Arbeit für die Postzensur, die dem Ministerium für Öffentliche Sicherheit (MBP) unterstellt ist. 1945 25. März: In Warschau Beamter der Abteilung III des Hauptamtes für Zensur, am 1. Juli stellvertretender Leiter der Abteilung – Eintritt in die Kommunistischen Partei Polens („Polnische Arbeiterpartei“). 1946 Januar bis März: In Berlin Arbeit in der Polnischen Militärmission und für den Auslandsnachrichtendienst – Ab April: In Warschau Mitarbeiter in der Abteilung II, Sektion IV, des MBP. 1948 Ab Februar in London unter dem Namen Ranicki Vizekonsul (später Konsul) der Republik Polen und im Rang eines Hauptmanns (polnisch: „Kapitan“) leitender Mitarbeiter des Auslandsnachrichtendienstes – 30. Dezember: Geburt des Sohnes Andrzej Alexander. 1949 Im November: Abberufung aus London und Rückkehr nach Warschau – 14 Tage Haft in einer Einzelzelle. 1950 25. Januar: Entlassung aus dem Auswärtigen Dienst und aus dem Geheimdienst – Im März: Ausschluss aus der Kommunistischen Partei – Lektor für deutsche Literatur im Verlag des Verteidigungsministeriums. 1951 Veröffentlichungen in der Warschauer Wochenzeitung Nowa Kultura . 1952 Freier Mitarbeiter der Warschauer Monatszeitschrift Twórczosc . Übersetzter (zusammen mit Andrzej Wirth) von Kafkas Das Schloß und Dürrenmatts Der Besuch der alten Dame . 1953 Publikationsverbot. 1954 Aufhebung des Publikationsverbots. 1955 Aus der Geschichte der deutschen Literatur 1871-1954 . 1957 Reisen nach Österreich und in die Bundesrepublik – Die Epik der Anna Seghers . 1958 21. Juli: Studienreise in die Bundesrepublik ohne Rückkehr nach Polen – Wohnort in Frankfurt am Main – Arbeit für die Frankfurter Allgemeine , für Die Welt und mehrere Rundfunksender – Im Oktober erste Teilnahme an einer Tagung der „Gruppe 47“. 1959 Umzug nach Hamburg – Reihe: „Schriftsteller, die jenseits der Elbe leben“ in Die Welt – Beendigung der Arbeit für die Frankfurter Allgemeine . 1960 Ständiger Literaturkritiker der Wochenzeitung Die Zeit – Anthologie Auch dort erzählt Deutschland. 1962 Anthologie Sechzehn Polnische Erzähler . 1963 Festanstellung als Kritiker bei der Zeit – Anthologie Deutsche Literatur in West und Ost. 1964 Rundfunkserie „Das literarische Kaffeehaus“ (zusammen mit Hans Mayer). 1965 bis 1972 Mitarbeiter der Encyclopaedia Britannica – Literarisches Leben in Deutschland . 1966 Wer schreibt, provoziert . 1967 Literatur der kleinen Schritte . 1968 Gastprofessor für Deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts an der Washington University in St. Louis (USA). - Die Ungeliebten. Sieben Emigranten. 1969 Gastprofessor am Middlebury College (USA). - Deutsche Literatur heute . 1970 Lauter Verrisse . 1971 bis 1975 Gastprofessor für Neue Deutsche Literatur an den Universitäten Stockholm und Uppsala (Schweden). 1972 Ehrendoktorwürde der Universität Uppsala – Vortragsreisen nach Australien und Neuseeland. 1973 Dozent für Literaturkritik an der Universität Köln – Beendigung der Arbeit für die Zeit – Umzug nach Frankfurt – Leiter der Redaktion für Literatur und literarisches Leben bei der Frankfurter Allgemeinen (bis 1988). – Über Ruhestörer. Juden in der deutschen Literatur . 1974 Honorarprofessor an der Universität Tübingen – Beginn der FAZ-Serie Frankfurter Anthologie . – Zur Literatur der DDR. 1976 Heine-Plakette. 1977 bis 1986 Sprecher der Jury des Klagenfurter Wettbewerbs um den Ingeborg-Bachmann-Preis. – Nachprüfung. Aufsätze über deutsche Schriftsteller von gestern . 1979 Vortragsreise nach China – Entgegnung. Zur deutschen Literatur der siebziger Jahre . 1981 Ricarda-Huch-Preis. - Edition Wolfgang Koeppen: Die elenden Skribenten . 1982 Meine Schulzeit im Dritten Reich und Betrifft Goethe . 1983 Wilhelm Heinse-Medaille der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. - Edition Alfred Polgar: Kleine Schriften . 1984 Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main – Fernsehgespräch mit Joachim Fest in der ZDF-Serie Zeugen des Jahrhunderts befragt. 1985 Lauter Lobreden – Nichts als Literatur . 1986 Mehr als ein Dichter. Über Heinrich Böll – Edition Wolfgang Koeppen: Gesammelte Werke. 1987 Thomas-Mann-Preis. - Thomas Mann und die Seinen – Herz, Arzt und Literatur – Zwischen Diktatur und Literatur . 1988 bis 2002 Leiter der literaturkritischen Gesprächsserie Das Literarische Quartett (im ZDF). 1989 Bambi-Kulturpreis. - Romane von gestern – heute gelesen . 1990 Thomas Bernhard . 1991 Heinrich Hertz-Gastprofessur an der Universität Karlsruhe – Bayrischer Fernsehpreis – Hermann Sinsheimer-Preis für Literatur und Publizistik – Max Frisch– Ohne Rabatt – Über Literatur aus der DDR – Reden auf Hilde Spiel . 1992 Ehrendoktorwürde der Universitäten Augsburg und Bamberg – Der doppelte Boden. Ein Gespräch mit Peter von Matt – Günter Grass . 1994 Debatte über die ehemalige Geheimdiensttätigkeit – Die Anwälte der Literatur – Martin Walser – Rede über das eigene Land. 1995 Ludwig Börne-Preis Vladimir Nabokov – Die verkehrte Krone . 1996 Cicero-Rednerpreis – Ungeheuer oben. Über Bertolt Brecht – Wolfgang Koeppen . Drei Reden . 1997 Ehrendoktorwürde der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf – Der Fall Heine . 1998 Über Hilde Spiel . 1999 Hessischer Kulturpreis – Mein Leben . 2000 Hölderlin-Preis in Bad Homburg und Samuel-Bogumil-Linde-Literaturpreis in Thorn/Göttingen – Goldene Kamera – Enthusiasten der Literatur. Ein Briefwechsel mit Golo Mann. 2001 Ehrendoktorwürde der Universität Utrecht – Ein Jüngling liebt ein Mädchen – Vom Tag gefordert. Reden in deutschen Angelegenheiten – Martin Walser . 2002 Fernsehserie Reich-Ranicki-Solo. Polemische Anmerkungen (im ZDF) – Ehrendoktorwürde der Universität München – Goethe-Preis der Stadt Frankfurt – Erst leben, dann spielen. Über polnische Literatur – Goethe noch einmal – Lauter schwierige Patienten. Gespräche mit Peter Voß über Schriftsteller des 20. Jahrhunderts – Sieben Wegbereiter. Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts . - Der Kanon. Romane. 2003 Ausstellung seiner Bildersammlung in Lübeck und Frankfurt am Main. - Meine Bilder. Porträts und Aufsätze – Unser Grass – Meine Gedichte - Meine Geschichten - Der Kanon. Erzählungen 2004 Europäischer Kulturpreis - Der Kanon. Dramen - Über Amerikaner 2005 Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen - Der Kanon. Gedichte 2006 Ehrendoktorwürden der Freien Universität Berlin und der Universität Tel Aviv - Aus persönlicher Sicht. Gespräche 1999 bis 2006 - Abschluss des Kanonprojektes mit: Der Kanon. Essays 2007 Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität zu Berlin 2008 Henri Nannen Preis - Deutscher Fernsehpreis (nicht angenommen) 2009 Verfilmung von Mein Leben 2010 Ludwig-Börne-Ehrenmedaille - Niederländischer Verdienstorden „Officier in de Ordre van Oranje-Nassau“ 2011 am 29. April stirbt seine Frau Teofila. (Video-Aufzeichnung eines Gesprächs mit ihr und zur Erinnerung an sie auf der Website ihres Sohnes Andrew) 2012 am 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, spricht Reich-Ranicki vor dem Deutschen Bundestag. 2013 am 18. September stirbt Marcel Reich-Ranicki. Erinnerungen Zum Tod von Marcel Reich-Ranicki Eva Demski: Schlüsselgeschichte. Zum 85. Geburtstag Marcel Reich-Ranicki
Kleines Portrait Biographischer Überblick 1920 - 1949 Karriere des Kritikers Auszeichnungen und Preise Tabellarische Biographie Erinnerungen Literaturhinweise Literaturhinweise Thomas Anz: Marcel Reich-Ranicki. München: dtv 2004 (dtv portrait). Uwe Wittstock: Marcel Reich-Ranicki. Die Biographie. Die Fotos in der Bildergalerie und auf dieser Seite sind
entnommen aus: Mitarbeit: Sarah Goll und Tatjana Lichtenberg Zuletzt geändert: 18.7.23
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